In bester Gesellschaft

Der Aachener Friedenspreis distanziert sich zunächst von den antisemitischen Hetztiraden seines Preisträgers Walter Herrmann, die dieser täglich auf seiner „Klagemauer“ am Kölner Dom präsentiert; nach internen Streitigkeiten spricht man ihm dann allerdings doch die Solidarität aus. Das ist gleichwohl nicht verwunderlich, tummeln sich unter den Preisträgern doch auch weitere Agitatoren, die mit Herrmann einen obsessiven und verzerrenden Blick auf den Nahostkonflikt teilen.


VON DER ASSOZIATION GEGEN ANTISEMITISMUS UND ISRAELFEINDSCHAFT NRW*


Als der „Kölner Klagemauer“ 1998 der Aachener Friedenspreis (AFP) verliehen wurde, widmete sie sich noch nicht dem Nahostkonflikt. Doch seit einigen Jahren baut Walter Herrmann (Foto oben, rechts) seine „Klagemauer“ fast ausschließlich zu diesem Thema auf. Dabei ist seine Darstellung durchzogen von einseitigen Schuldzuweisungen an Israel, der völlig unkritischen Wiedergabe palästinensischer Propaganda und einer Verharmlosung bis hin zur offenen Rechtfertigung des antiisraelischen Terrors, was auch dem selbst gewählten Motto – „Cologne Wailing Wall. Against war and violence “ – Hohn spricht. Aber der Terror von Hamas und Hizbollah zählt für den Friedensfreund Herrmann offensichtlich nicht.

Mit der Zeit wurden die Darstellungen immer offener antisemitisch; sie erreichten ihren vorläufigen Höhepunkt in der Präsentation einer Karikatur, die einen Juden, gekennzeichnet durch einen Davidstern, beim Verspeisen eines palästinensischen Kindes zeigte. Als sich nun zu Recht endlich Protest gegen diese auf alte antisemitische Stereotype zurückgreifende Hetze erhob, sah sich auch der AFP zu einer Stellungnahme gezwungen. Schließlich greift Herrmann bis heute bei jeder Gelegenheit auf seine Preisträgerschaft zurück, um sich gegen Kritik zu immunisieren.

Doch ließ die im Februar 2010 erfolgte Distanzierung ihren Zweck bereits deutlich erkennen. Es ging gar nicht um eine wirkliche Diskussion, inwieweit das gesamte Konzept der Klagemauer antisemitisch ist und wieso viele Friedensfreunde zwar beständig die israelische Politik geißeln, vom palästinensischen Terror und Antisemitismus aber schweigen. Der langjährige Friedenspreis-Vorsitzende Otmar Steinbicker – der mittlerweile erkannt hat, mit welchen wahnhaften Antisemiten er es beim Friedenspreis zu tun hatte – war dann auch ganz offen: Die Friedensbewegung müsse sich „klar und deutlich abgrenzen, um sich die Kritikfähigkeit an der israelischen Politik zu erhalten“; Walter Herrmann helfe nur denjenigen, die „eine ernsthafte Debatte über israelische Kriegsverbrechen in Gaza verhindern und durch eine Debatte über Antisemitismus ersetzen wollen“.

Man distanzierte sich also von der „Klagemauer“, um weitermachen zu können wie bisher. Wie dieses „Bisher“ aussah, zeigt ein Blick auf andere Träger des AFP. Der dieses Jahr zum 21. Mal überreichte Preis wurde bereits viermal mit klarem Bezug zum Nahostkonflikt vergeben – in Anbetracht der unzähligen weltweiten Konflikte und Kriege eine hohe Anzahl. Dabei wurden mit Uri Avnery und Reuven Moskovitz Personen geehrt, die ähnlich wie Walter Herrmann Israel als Quell aller Übel ausmachen. Avnery sieht schon seit Jahren immer wieder den Faschismus in Israel ausbrechen, und Moskovitz schreckt auch vor Vergleichen Israels mit dem Nationalsozialismus nicht zurück. Da beide Israelis sind, werden Sie in Deutschland gerne gehört. Sie halten nicht nur das dichotome Bild der bösen Israelis und der unschuldigen Palästinenser aufrecht, sondern entlasten mit ihren unzulässigen historischen Vergleichen auch die Deutschen, die in den Israelis endlich die „neuen Nazis“ erblicken können.

Wes Geistes Kind die deutsche Friedensbewegung ist, zeigt auch der Preisträger von 2002, Bernhard Nolz. Dieser tauschte auf einer israelischen Flagge den Davidstern gegen ein Hakenkreuz und verteidigte dies auch nach Protesten. Geradezu obsessiv scheint man sich in Aachen Israel als vermeintlich größtem Hindernis auf dem Weg zum Weltfrieden zuzuwenden. Dabei ignoriert man natürlich, dass Israel zu existieren aufhören würde, wenn es die Waffen niederlegte, während Frieden herrschen würde, wenn die verschiedenen palästinensischen Gruppen ihre Waffen niederlegten. Stattdessen hat man sich nun mit Herrmann solidarisch erklärt und seine Hasspropaganda zu Kunst erhoben. Es werde gar „von interessierter Seite versucht, die kritische Stimme der Klagemauer verstummen zu lassen“, heißt es. Interessierte Kreise? Zionistische Agenten, das Weltjudentum? Walter Herrmann wüsste da sicher eine Antwort, schließlich präsentiert er an seiner „Klagemauer“ auch die wahren Mörder von Vittorio Arrigoni, der im April in Gaza von Islamisten hingerichtet wurde: den Mossad!

Der Antisemit Herrmann ist also gut aufgehoben im Kreise einiger anderer Träger des Aachener Friedenspreises und des AFP-Vorstands. Der von ihnen für Palästina erwünschte Frieden käme einer Friedhofsruhe gleich, überließe man die Juden schutzlos den antisemitischen Mörderbanden. Dass der AFP seinen Preis einem dissidenten Palästinenser wie Mussab Hassan Jussef zuspricht – der als Agent für den israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet gearbeitet und in dieser Funktion dazu beigetragen hat, dass Dutzende von Selbstmordanschlägen verhindert und hochrangige Palästinenserführer festgenommen werden konnten – oder gar einer Organisation, die den in Deutschland zunehmenden Antisemitismus bekämpft, das bleibt wohl eine kühne Hoffnung. Bisher zumindest dient der Ruf des AFP nach Frieden vor allem als Deckmantel für antisemitische Agitation.

* Kontakt zu dieser Vereinigung kann via E-Mail aufgenommen werden.

Foto: © Henryk M. Broder