Mit einer bemerkenswert selbstkritischen Erklärung seines Präsidenten Alfons Hörmann hat der Deutsche Olympische Sportbund, einer der weltweit größten Sportverbände, die erst im Februar beschlossene Kooperation mit dem Palästinensischen Fußballverband und dessen Vorsitzenden Jibril Rajoub aufgekündigt. Im Gegensatz dazu wollen drei Dutzend Schweizer Nationalräte Schützenhilfe für Rajoub leisten.
Im Februar hatte das deutsche Auswärtige Amt noch erklärt, mit dem Präsidenten des palästinensischen Hohen Rats für Jugend und Sport, Jibril Rajoub, eine »gemeinsame Absichtserklärung über die Entsendung eines deutschen Fußballexperten an den Palästinensischen Fußballverband« (PFA) vereinbart zu haben. Zwei Jahre lang sollte dieser Experte, den der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bestimmt hatte, den Palästinensern bei der Professionalisierung ihrer Strukturen im Fußball unter die Arme greifen, vor allem im Jugend- und im Frauenfußball sowie im Schiedsrichterwesen. Die deutsche Seite bezeichnete das geplante Projekt von DOSB und PFA als »wichtigen Fortschritt in den bilateralen Sportbeziehungen zwischen Deutschland und den Palästinensischen Gebieten«. Für Jibril Rajoub – der auch dem Palästinensischen Fußballverband und dem Nationalen Olympischen Komitee vorsteht – war die Vereinbarung gar »eine der wichtigsten Kooperationserklärungen, die der Hohe Rat bislang unterschrieben hat«.
Doch zu dieser Zusammenarbeit wird es nicht kommen, denn der DOSB hat Abstand von ihr genommen, bevor sie begonnen hat. Auf die 400.000 Euro, die das Auswärtige Amt aus den Mitteln für die internationale Sportförderung für das Projekt bewilligt hatte, verzichtet der Verband von sich aus. In einer schriftlichen Erklärung gegenüber Audiatur-Online respektive Lizas Welt führt der DOSB-Präsident Alfons Hörmann persönlich aus, welche Gründe zum Rücktritt vom Abkommen mit der PFA geführt haben. »Zu Recht fordert die Öffentlichkeit vermehrt ein hohes Maß an Integrität von großen Organisationen – im Sport gleichermaßen wie in den Bereichen Politik und Wirtschaft«, heißt es darin. Der DOSB als einer der weltweit größten Sportverbände arbeite »konsequent daran, die universellen Werte des Sports im Sinne der Olympischen Idee gerade auch zur Völkerverständigung umzusetzen«.
Dazu gehöre auch und vor allem, so Hörmann weiter, »unsere ganz individuelle und besondere Verpflichtung aufgrund der deutschen Geschichte. Gerade der Missbrauch der Olympischen Spiele 1936 durch Hitler und die Nationalsozialisten und das schreckliche Attentat seitens palästinensischer Terroristen auf israelische Sportler anlässlich der Olympischen Spiele in München im Jahr 1972 sind eben leider auch ein wichtiger Bestandteil unserer Olympischen Geschichte in Deutschland.« Daraus folge, »dass wir in aller Konsequenz die Rahmenbedingungen jeweils für jedes nationale und internationale Projekt kritisch prüfen müssen. Beim vorliegenden wurde uns nun leider erst jetzt bewusst, dass sich nicht alle Partner zu den hohen Werten des Sports bekennen.«
DOSB-Präsident: »Schlichtweg nicht akzeptabel«
Was damit konkret gemeint ist, beschreibt Hörmann so: »Dass das Projekt eventuell sogar zum Teil in Sportstätten stattfindet, die nach Terroristen benannt sind, ist für uns im DOSB und für mich als Präsident schlichtweg nicht akzeptabel. Deshalb wollen wir hier weder in irgendeiner Form beteiligt oder gar federführend sein.« Der DOSB werde aber »gemäß unserer Verantwortung weiterhin auch in dieser Region in enger Zusammenarbeit mit weiteren Partnern wertvolle Projekte initiieren, sofern sichergestellt ist, dass unsere hohen Wertmaßstäbe konsequent eingehalten werden«.
Eine bemerkenswerte Stellungnahme zu einem beachtlichen Schritt. Hörmann und sein Verband haben begriffen, dass Jibril Rajoub kein Kooperationspartner sein kann und darf. Denn unter dessen Federführung werden immer wieder Klubs, Mannschaften, Wettbewerbe und Stadien nach Terroristen benannt, die Juden und Israelis getötet haben. Rajoub, der wegen terroristischer Aktivitäten 17 Jahre lang in israelischen Gefängnissen gesessen hat, lehnt zudem nicht nur im Sport, sondern ganz grundsätzlich jegliche Kooperation mit Israelis ab; diese sind für ihn allesamt »Rassisten, Faschisten, Expansionisten, Imperialisten«. Gemeinsame sportliche Aktivitäten mit dem »zionistischen Feind«, wie er die Israelis nennt, hält er dementsprechend für ein »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«. Rajoub bedauert, dass die Palästinenser keine Atomwaffen besitzen, weil er sie am liebsten sofort gegen den jüdischen Staat einsetzen würde. »Ganz Palästina – vom Jordan bis zum Meer – alles ist besetzt«, glaubt er – Israel hat für ihn also keinerlei Existenzrecht.
Auch das Simon Wiesenthal Center (SWC) hatte das geplante Sportprojekt von DOSB und PFA scharf kritisiert. Shimon Samuels, der beim SWC als Direktor für internationale Beziehungen tätig ist, sagte, die »unverhohlene Glorifizierung von Judenmördern« durch die palästinensische Seite rufe Erinnerungen »an die Olympischen Spiele der Nazis 1936 und an die Grausamkeiten während Olympia 1972 in München« wach. Eine Argumentation, die sich Alfons Hörmann nun in seiner Erklärung zu eigen macht. Das SWC hatte außerdem gefordert, »diese unvorstellbare Vereinbarung auszusetzen, bis die palästinensischen Behörden die Namen aller Terroristen aus allen Bereichen des palästinensischen Sports entfernt und die Taten dieser Terroristen öffentlich verurteilt hat«. Diese Konsequenz hat der DOSB jetzt gezogen.
Unterstützung für Rajoub von Schweizer Nationalräten
Im Gegensatz zum deutschen Olympiaverband hat Jibril Rajoub mit Selbstkritik nichts am Hut – im Gegenteil: Er verfolgt weiter seinen Plan, Israel aus dem Weltfußballverband FIFA ausschließen oder doch zumindest mit harten Sanktionen belegen zu lassen. Aufhänger ist für ihn derzeit vor allem die Teilnahme von sechs unterklassigen israelischen Fußballvereinen aus Siedlungen im Westjordanland am israelischen Spielbetrieb. Das ist nach Ansicht von Rajoub und der PFA nicht zulässig, denn laut FIFA-Statuten dürfe ein Klub nicht auf dem Territorium eines anderen Verbandes spielen, wenn dieser das ablehnt. Die FIFA beschäftigt sich schon länger mit dieser Angelegenheit, ist bislang aber noch zu keinem Entschluss gekommen. Erst auf dem nächsten Kongress des Weltverbandes im Mai in Bahrain soll ein Bericht vorgelegt werden. Ob der in Rajoubs Sinne ausfallen wird, ist ungewiss.
Und während der DOSB auf Distanz zu diesem antisemitischen palästinensischen Multifunktionär gegangen ist, erhält Rajoub Unterstützung von rund drei Dutzend Schweizer Nationalräten. Die nämlich haben sich der Tageszeitung Blick zufolge, einem Brief des SP-Nationalrates Cédric Wermuth an den FIFA-Präsidenten Gianni Infantino angeschlossen, in dem der Ausschluss der Vereine aus den Siedlungen gefordert wird. Das wiederum hat Erich von Siebenthal, SVP-Nationalrat und Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel, zu einer Kritik veranlasst. Er sagte, es dürfe nicht sein, »dass Kinder und Jugendliche den Preis dafür zahlen müssen, dass die Politiker in vielen Staaten dermaßen israelfeindlich eingestellt sind«. Es sei »widerwärtig«, dass Schweizer Politiker »selbst durch den Sport versuchen, Israel zu bedrängen«.
Zuerst veröffentlicht auf Audiatur Online.
Zum Foto: Jibril Rajoub (Bildmitte), Präsident des palästinensischen Hohen Rats für Jugend und Sport (© RevealJibril).
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