Brothers in Crime

Dass sich die Duisburger Sektion der Linkspartei mit besonderer Besessenheit auf das Thema Israel stürzt, ist alles andere als neu. Vor allem ihr wohl bekanntestes Mitglied, Hermann Dierkes, ist in den letzten Jahren immer wieder mit abfälligen Aussagen über den jüdischen Staat und mit antiisraelischen Boykottaufrufen notorisch geworden. Nachdem er deshalb in die Kritik geraten war, zog er zu Beginn des Jahres 2009 seine Kandidatur für den Posten des Oberbürgermeisters in Duisburg zurück – nicht ohne sich wortreich über die „mediale Rufmordkampagne“ zu beklagen, durch die er zu diesem Schritt gezwungen worden sei. Ein aktueller Vorfall zeigt nun aufs Neue, wes Geistes Kind man in Dierkes’ Kreisverband ist.

Denn auf dessen Homepage – genauer gesagt: auf der dazu gehörigen Unterseite des Jugendverbandes Solid – fand sich bis vor wenigen Stunden ein Aufruf mit dem Titel „Boykottiert den Apartheitstaat [sic!] Israel!“, ergänzt um einen Link zu einem rund fünf Jahre alten Flugblatt, das ebenfalls auf dem Server der Duisburger Linkspartei beherbergt wurde. Dieses Pamphlet war mit der Überschrift „Nie wieder Krieg für Israel!“ versehen worden – und damit es auch der Letzte auf den ersten Blick begreift, hatte man der Headline zum einen ein Symbol, das eine Mischung aus einem Davidstern und einem Hakenkreuz darstellt, und zum anderen ein angebliches Zitat des früheren israelischen Premierministers Ariel Sharon vorangestellt: „Wir, das jüdische Volk, kontrollieren Amerika, und die Amerikaner wissen das.“

Im Text selbst geht es dann munter so weiter: „Es ist durchaus denkbar, dass ein Mossad-Agent mit einem Duplikat eures Reisepasses im Iran unterwegs ist“, heißt es dort beispielsweise, „Israel ist ein Apartheidregime, schlimmer als das seinerzeit international boykottierte Südafrika“, und, ganz im Duktus von Alt- und Neonazis: „Informiert euch über die wahren Hintergründe des Judaismus! […] Tretet der moralischen Erpressung durch den so genannten Holocaust entgegen! Wahrheit macht frei!“ Auch eine Attacke gegen die „Judenpresse“ – gemeint sind die Zeitungen aus dem Axel-Springer-Verlag – fehlt nicht. Beschlossen wird das Traktat mit vehementen Appellen, Israel zu boykottieren.

Dass es sich bei diesem Text um eine widerwärtige antisemitische Philippika handelt, wird man angesichts solcher Äußerungen gewiss nicht detailliert begründen müssen. Und dass sich diese judenfeindlichen Invektiven auf der Homepage einer Gliederung der Linkspartei fanden, kann nur diejenigen überraschen, die noch immer der (mannigfach widerlegten) Ansicht sind, es gebe in dieser politischen Strömung keinen Antisemitismus. Bemerkenswert ist gleichwohl, aus wessen Feder das Flugblatt stammt – denn die Duisburger Genossen haben sich hier bei keinem Geringeren als Ahmed Rami bedient, einem aus Marokko stammenden schwedischen Holocaustleugner, der mit seinem Projekt „Radio Islam“ seit 1987 versucht, Rechtsextremisten und Islamisten zusammenzuführen.

Auf der Website von „Radio Islam“ findet sich denn auch das Original des Flugblatts, das sich die Duisburger Linkspartei zu Eigen gemacht hat – womit einmal mehr bewiesen wäre, dass die politischen Grenzen vollends verschwimmen und es keinerlei Berührungsängste gibt, wenn es um Juden im Allgemeinen und um den jüdischen Staat im Besonderen geht. Nun darf man gespannt sein, wie die SPD und die Grünen, die im Duisburger Stadtrat gemeinsam mit der Linkspartei eine Koalition bilden, auf diesen neuerlichen „Kauft nicht beim Juden“-Aufruf reagieren werden. Derweil sind bei der Staatsanwaltschaft bereits mehrere Strafanzeigen eingegangen; eine davon stammt von Stefan Laurin, dem Verantwortlichen des vorzüglichen, überregional bekannten Webportals Ruhrbarone.

Wie lange die antisemitische Hetzschrift schon auf der Internetseite des Duisburger Kreisverbands der Linkspartei zu lesen war, ließ sich bislang nicht eruieren.* Zu einiger Bekanntheit gelangte sie jedenfalls erst am heutigen Morgen, nachdem der entsprechende Link in Windeseile über die Netzwerke Twitter und Facebook verbreitet und von diversen Blogs und Websites aufgegriffen worden war. Seit dem frühen Nachmittag ist das Pamphlet nicht mehr auf der Homepage der Linkspartei zu finden, und auch der Aufruf „Boykottiert den Apartheitstaat [sic!] Israel!“ wurde offline genommen.** Dass diese Maßnahme ein Ausdruck von Einsicht ist, darf gleichwohl bezweifelt werden; vielmehr muss man davon ausgehen, dass die Genossen lediglich einmal mehr versucht haben, ihre Spuren zu tilgen. Ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt ist – aus technischen wie aus politischen Gründen.

Update (I): Inzwischen gibt man sich bei den Genossen hellauf empört und mutmaßt, dass sich „ein Rechter in die Partei eingeschmuggelt und das Flugblatt eingestellt hat“. Ja, genau. Vielleicht war es aber auch der Mossad höchstselbst, denn der ist bekanntlich zu allem fähig.

Update (II): Die Linkspartei distanziert sich von sich selbst und schafft es dabei, ihre Erklärung gleich mit einer faustdicken Lüge zu beginnen („Antisemitismus hat keinen Platz in der LINKEN, das war immer so und wird immer so bleiben“). Im weiteren Verlauf heißt es, die Hetzschrift sei „vor Monaten auf dem Server der LINKEN Duisburg gelandet“ – also gewissermaßen wie ein Ufo auf der Erde –, und man habe nun mal ein „partizipatives Grundverständnis“ (was die Teilnahme von Judenhassern einschließt). Ein besonders anschauliches Beispiel dafür, wie man bei den Genossen die Kritik, die man zu widerlegen glaubt, mit jeder Silbe bestätigt.

* Die Abfolge der Solid-Beiträge auf der Website (siehe den Google-Cache und den dazu gehörigen Screenshot) lässt aber den Schluss zu, dass sich der Text bereits seit dem Ende des vergangenen Jahres auf der Homepage der Duisburger Linkspartei befand.

** Screenshots und Mirrors der entsprechenden Seiten liegen jedoch vor: [1], [2], [3].